Exemplarischer Behandlungsablauf Darmkrebs
Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient,
nach Diagnosestellung einer Tumorerkrankung verändert sich das Leben schlagartig von einem Tag auf den anderen. Die Einweisung mit einer solchen Diagnose in ein Krankenhaus macht Angst, sodass wir Ihnen nachfolgend beispielhaft den Behandlungsverlauf am AKH im Falle eines Dickdarmkrebses einmal skizzieren möchten. Wir hoffen dabei, Ihnen einige Ängste und Ungewissheiten im Vorfeld nehmen zu können.
Typischerweise wird ein Dickdarmkrebs ambulant durch eine Darmspiegelung bei einem Gastroenterologen oder im Rahmen einer Computertomographie in einer radiologischen Praxis diagnostiziert. Ihr Hausarzt wird dann Kontakt mit unserer Darmkrebssprechstunde (Tel. 72-2442) aufnehmen und einen Termin ausmachen. Die Wartezeit auf einen solchen Termin beträgt nur wenige Tage und niemals Wochen. Dienstags findet die Darmkrebssprechstunde im Patienten-Service-Center (PSC) der Viszeralchirurgie im Zimmer 3 statt. Hier werden Sie von Frau Uhlemann aufgenommen und der Oberarzt Herr Stehle wird die von Ihnen mitgebrachten Befunde sichten und mit Ihnen das weitere Vorgehen besprechen. Wichtig: Alle weiteren Untersuchungen und Termine werden durch uns zeitnah organisiert, so dass Sie oder Ihr Hausarzt sich nicht darum kümmern müssen.
Die Behandlung des Darmkrebses ist heute sehr komplex. Um jeden Patienten deshalb individuell gut beraten und richtig behandeln zu können, sind daher eine Reihe von Untersuchungen notwendig, um die Ausbreitung des Tumors genau festzustellen (Staging). Dies sind: Ultraschall, CT, MRT, Röntgen, endoskopische Verfahren, etc.). Sie werden hier am AKH ambulant ergänzend durchgeführt. Im Falle eines unkomplizierten Darmkrebses ohne jegliche Hinweise auf Streuungen (Metastasen) wird primär die Operation empfohlen. Im Falle eines schon bei Diagnosestellung metastasierten Stadiums oder eines Mastdarmkrebs erfolgt vor Therapie immer die Vorstellung des Patienten in der Tumorkonferenz. Hierfür bedarf es aber Ihres Einverständnisses.
Die fachübergreifende (interdisziplinäre) Tumorkonferenz ist das Kernstück eines jeden Krebszentrums. Hier treffen sich Vertreter aller an der Tumortherapie beteiligten Fachkliniken und besprechen anhand der bisher erhobenen Befunde (CT- und Röntgenbilder, Ergebnisse der Gewebeproben und vieler weiterer Informationen über Art und Ausbreitung der Erkrankung) das weitere Vorgehen. Vorerkrankungen und die jeweiligen Lebensumstände des Patienten werden dabei immer berücksichtigt (ganzheitliche Betrachtung), getreu dem Motto: Wir behandeln nicht Tumoren sondern Menschen mit Tumorerkrankungen.
Da die Therapie des Darm- und Mastdarmkrebses immer komplexer geworden ist, ist die Expertise der verschiedenen Fachkliniken von großer Bedeutung und erlaubt ein zunehmend individualisiertes Vorgehen. So erhält jeder Patient im Anschluss an die Tumorkonferenz eine auf ihn zugeschnittene persönliche Empfehlung, die sich an seiner Erkrankung, den Begleiterkrankungen, aber auch immer an seinen Wünschen und Bedürfnissen orientiert. Das Ergebnis dieser interdisziplinären Fallbesprechung wird in der Patientenakte dokumentiert und in einem nachfolgenden Gespräch Ihnen als Patienten ausführlich erläutert.
Im Falle eines unkomplizierten Dickdarmkrebses (keine Metastasen, kein Befall des Mastdarms) erfolgt die Vorstellung in der Tumorkonferenz nach der Operation, weil sich je nach Operationsbefund dann die Frage nach einer ergänzenden Chemotherapie (adjuvante Chemotherapie) stellt. Bei Patienten mit einem Mastdarmkrebs (Rektumkarzinom) oder eines schon bei Diagnosestellung metastasierten Dickdarmkrebses erfolgt die Vorstellung in der Tumorkonferenz vor und nach und manchmal auch noch einmal während des Behandlungsverlaufes. Die Vorstellung in der Tumorkonferenz ist somit sehr sinnvoll, bedarf aber immer Ihrer Zustimmung.
Die Chirurgie spielt bei der Therapie des Darmkrebes eine zentrale Rolle Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie.
Die meisten Patienten (unkomplizierte Darmkrebserkrankung oberhalb des Mastdarmes und ohne Metastasen) werden primär operiert. In jedem Darmkrebszentrum ist sichergestellt, dass nur besonders qualifizierte und namentlich benannte Chirurgen Ihre Krebserkrankung operieren dürfen. Die Qualifikation muss jährlich erneut unter Beweis gestellt werden und wird im Rahmen der jährlich stattfindenden Zertifizierungen überprüft (Komplikationen, Fallzahlen, etc.). Für das Darmkrebszentrum Celle heißt das, dass Sie ausschließlich von den 3 benannten Operateuren PD Dr. med. J. Hartmann, PD Dr. med W. Raue und D. Stehle operiert werden. Zudem kann Ihr Operateur zur Unterstützung für besonders schonende Eingriffe einen modernen Operationsroboter (da Vinci) einsetzen. Alle operativen Patienten werden bei uns ausschließlich in 2-Bettzimmern untergebracht.
OP-Roboter: Da Vinci-Chirurgiesystem
Unsere Stationen
Eine häufige Sorge der Patienten ist, dass nach erfolgter Operation ein künstlicher Darmausgang (Anus praeter, Stoma) angelegt werden muss. Dieses ist bei den allermeisten Dickdarmkrebserkrankungen nicht notwendig und wenn, häufig auch nur von vorübergehender Dauer. In wenigen Fällen muss dauerhaft ein künstlicher Darmausgang angelegt werden. Dieses wird intensiv im Vorfeld mit Ihnen besprochen und eine eigens dafür ausgebildete Pflegekraft mit eigenem Ausbildungsraum für den Anus praeter wird Sie im Umgang mit dem künstlichen Darmausgang anleiten. Die Versorgung der Anus praeter hat sich in den letzten Jahren erheblich verbessert, sodass z.T., vor allem ältere Menschen, auch bei Möglichkeit der Rückverlagerung, dieses im Verlauf nicht immer mehr wünschen, da sie eine hohe Lebensqualität auch mit dem künstlichen Darmausgang haben.
Die Strahlentherapie spielt in der Behandlung des Mastdarmkrebses (Rektumkarzinom) eine wichtige Rolle und findet hier regelmäßig bei schließmuskelnahen Tumorerkrankungen und Befall der unteren 2 Drittel des Mastdarmes (Rektum) Anwendung. Am AKH Celle ist eine moderne Strahlentherapie ansässig, die mit hochmodernen Geräten eine schonende Bestrahlung des Mastdarmkrebses ermöglicht.
In bestimmten Fällen kann eine begleitende oder nachfolgende Chemotherapie bei der Behandlung des Dickdarmkrebses notwendig werden. Durch die modernen Therapieverfahren, die deutlich nebenwirkungsärmer geworden sind als im letzten Jahrtausend, ist die Durchführung fast immer ambulant möglich. Hier besteht eine enge Kooperation mit der onkologischen Praxis am Neumarkt,. Die dort tätigen Onkologen nehmen jeden Dienstag Teil an der Tumorkonferenz. Die im AKH erhobenen Befunde werden frühzeitig den onkologisch tätigen Kollegen am Neumarkt übermittelt und auch umgekehrt erfolgt ein regelmäßiger Informationsaustausch. Oft wird vor Beginn einer Chemotherapie ambulant ein venöses Portsystem (venöser Dauerzugang für mehrere Monate bis Jahre) in lokaler Betäubung implantiert, um eine hohe Sicherheit selbst bei schlechten Venenverhältnissen zu gewährleisten.
Trotz unserer Bemühungen Sie ärztlich umfangreich und immer wieder tagesaktuell zu informieren, stellen sich viele Fragen häufig erst, wenn das Visitengespräch oder sonstige Aufklärungsgespräche zu Ende sind. Seit vielen Jahren haben wir eine onkologische Fachkraft, die sich ganz Ihren Bedürfnissen, Fragen und Sorgen zuwendet. Frau Jördens (Vertretung Frau Hammer) wird Sie unmittelbar nach Diagnosestellung aufsuchen und Ihnen einen Beratungsordner aushändigen. Zusammen mit ihr können Sie alle Fragen klären, die evtl. offen geblieben sind. Der Beratungsordner enthält die Möglichkeit weitere Informationen (z. B. Ihre Befunde, Arztbriefe, Skizzen der OP ) einzuheften. Frau Jördens und Frau Hammer werden Ihnen auch Hilfestellungen bei sozialdienstlichen Fragen geben und entsprechend den Sozialdienst einschalten. Auch die Einschaltung einer psychologischen Unterstützung (Psychoonkologie) ist über Frau Jördens und Frau Hammer jederzeit möglich.
Frau Jördens und Frau Hammer führen ein ausführliches Protokoll über jeden Ihrer Aufenthalte und sollte es im weiteren Verlauf zu erneuten stationären Aufenthalte im AKH kommen, so können Sie immer wieder auf die onkologische Fachkraft zurückgreifen.
Ernährung ist ein zentrales Thema für Tumorpatienten. Diesem tragen wir Rechnung, indem jeder Patient von unserem Ernährungsteam beraten wird. Neben Informationsmaterial für Sie wird eine Empfehlung für Ihren Hausarzt im Arztbrief eingefügt.
In der Klinik für Gastroenterologie finden alle modernden endoskopische Verfahren regelmäßig Anwendung. Im Einzelfall wird die Koloskopie, die ambulant schon einmal bei Ihnen durchgeführt worden ist, hier wiederholt. Dickdarmtumoren bis zu einer bestimmten Größe können endoskopisch entfernt werden, so dass eine Operation dann nicht durchgeführt werden muss. Die Planung solcher Eingriffe erfolgt immer in enger Absprache mit der Tumorkonferenz. Die Klinik für Gastroenterologie ist weiter auch für den spezialisierten Ultraschall (B-Bild und Kontrastmittelsonographie und Endosonographie) zuständig.
Bei einer kleinen Gruppe von Patienten besteht eine familiäre Häufung von Darmkrebserkrankungen und Krebserkrankungen überhaupt. Diese Risikogruppen gilt es sicher zu identifizieren und frühzeitig auch die Angehörigen des jeweils erkrankten Patienten zu informieren bzw. zu untersuchen. Hierdurch sollen weitere Krebserkrankungen in den betroffenen Familien verhindert werden. Über die Familiengeschichte (Anamnese), das pathologische Präparat (Nachweis von bestimmten Eiweißen) lassen sich Risikopatienten herausfiltern, die dann in der Humangenetik in Hannover vorgestellt werden sollten. Es besteht eine Kooperation mit der Humangenetik der Medizinischen Hochschule Hannover, die Termine für Patienten mit familiärer Häufung von Darmkrebserkrankungen anbietet. Die onkologische Fachkraft sowie ihre behandelnden Ärzte sind dabei Ihnen ebenso wie der Darmkrebskoordinator Dr. Freund gerne behilflich.
Nach abgeschlossener Behandlung beginnt die Phase der Nachsorge, die typischerweise durch die niedergelassenen Ärzte durchgeführt wird. Dennoch bleiben wir über unsere Tumordokumentarin und unseren Darmkrebszentrumskoordinator Dr. Ulrich Freund) mit Ihnen in Kontakt. Sollten Sie spätere Anrufe nach Abschluss der Behandlung nicht mehr wünschen, so bitten wir, dieses uns mitzuteilen.
Trotz aller Bemühungen gibt es immer mal wieder Dinge, die nicht so laufen, wie sie hätten laufen sollen. Auch passieren Fehler, die konsequent benannt werden müssen. Bitte scheuen Sie nicht uns direkt anzusprechen oder schriftlich Ihre Fragen und Kritik zu äußern. Über unser Beschwerdemanagement werden wir Ihre Kritik aufarbeiten und versuchen eine Klärung für Sie und eine Verbesserung für die Zukunft herbeizuführen.